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Love it, leave it or change it

Post it mit Text "St. Gallen lieben - und auch gehen"

Wie ich in der Schweiz Redaktorin beim St. Galler Tagblatt wurde. Und warum ich die Zeitung verliess, obwohl ich Journalismus liebe.

Ich kündigte den Job, ich wechselte das Land. Zog zu meinem damaligen Freund, meinem heutigen Ehemann, in die Schweiz, nach Zürich. Nach einer nicht so schönen Zeit an der ETH Zürich kam ein Geschenk des Himmels: das Angebot, mich auf eine Stelle als Kulturredaktorin beim St. Galler Tagblatt zu bewerben. Der Chef hatte dermaleinst meine Unterlagen behalten, als ich mich auf eine Stelle bewarb, die dann nie besetzt worden war. Ich bekam den Job.

Und war glücklich, denn vieles war toll beim St. Galler Tagblatt. Die Kollegen vor allem, manchen weine ich heute noch hinterher. Meine Aufgabe, über Theater und neu auch über Literatur zu berichten. Das kreative Arbeitsumfeld in einem Ressort, das Wissen, Gesellschaft und Kultur vereinte und sich «Focus» nannte. Das war ungeheuer inspirierend und brachte Menschen mit sehr unterschiedlichen Interessen zusammen.

Drei Sparrunden beim St. Galler Tagblatt überlebt

Aber ich musste pendeln, von Zürich nach St. Gallen, von Anfang an. Ich konnte mir als Düsseldorferin, zeitweise Wahl-Dresdnerin und Wahl-Zürcherin, nicht vorstellen, in der für mich kleinen Stadt St. Gallen zu leben. Zudem wohnte ich in einer Wohnung, die – so muss man das sagen: stank. Ich bekam den Geruch nicht weg. Und auch keine andere Wohnung, die ich mir hätte leisten können neben der Miete in Zürich, und die mir das Leben in St. Gallen verschönt hätte. 

Dann überlebte ich beim St. Galler Tagblatt drei Sparrunden: Eine Sonntagszeitung kam dazu, die wir zusätzlich stemmen sollten. Der überregionale Focus verleibte sich den Kulturteil der Stadt St. Gallen ein – das machte meine Arbeit viel lokaler als sie vorher war. Dann wurde die Jugendseite eingespart, und mit ihr verschwanden die tollen, kreativen jungen Leute, die sie gemacht hatten. Was immer auch beschlossen wurde: Es machte den Job arbeitsintensiver und die Aufgabe nicht spannender.

Damit wuchs der zeitliche Druck. Als ich das Gefühl hatte, ich müsste meinen Namen unter Texte setzen, die besser geworden wären, hätte ich länger und konzentrierter an ihnen arbeiten dürfen, war die rote Linie erreicht. Ich weiss noch, wie ich mal wieder im Büro sass, lautstark schimpfte und plötzlich dachte: «Valeria, deine schlechte Laune ist grässlich. Entweder du schweigst, du änderst was – oder du gehst.» Das alte Motto: Love it, leave it or change it. Ich entschied mich für: Leave it. Und kündigte wieder. 

1 Kommentar

  1. So schön. Und ehrlich. Ich lerne dich ja auf deinem Blog noch viel besser kennen!

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