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Post-it mit Schrift: Fährfrau, bring mich ins Netz!

Man könnte beim Stöbern in Netzartikeln zuweilen den Eindruck bekommen, ältere Menschen, die nicht mit dem Internet aufgewachsen sind, hätten nicht zu kompensierende Nachteile im Leben. Das ist Blödsinn, finde ich. Für meine Arbeit als Webdesignerin ist es sogar von Vorteil, dass ich weiss, wo die Probleme liegen.

Nein, ich bin kein Digital Native. Ich kenne noch eine Zeit, in der im Bus oder in der Bahn kein Mensch auf kleine Bildschirme schaute. Und nein, ich werde mir jetzt deswegen nicht den nächsten geeigneten Baum aussuchen und mich dort an einem Strick aufhängen. Auch wenn man in einigen Diskussionen durchaus den Eindruck bekommen könnte, als Nicht-Digital-Native oder als Digital Immigrant hätten ältere Menschen einen nicht mehr einzuholenden Nachteil im Leben. 

Hilfe bei der Digitalisierung

Das ist Blödsinn, finde ich. Nicht nur, weil Menschen noch viel kompliziertere Dinge lernen können. Mehr noch, für mich wie für viele andere ist es kein Nachteil, sondern sogar ein Vorteil. Als Digital Immigrant oder Digitale Einwandererin, in deren Kindheit Smartphones schlicht noch nicht existierten, und gleichzeitig als Webdesignerin und Texterin, die heute viele Stunden am Tag vor kleinen und grossen Bildschirmen sitzt, bin ich eine perfekte Übersetzerin, Dolmetscherin, Fährfrau ins Land der Digitalisierung und des Internets (Lesen Sie hier den Beitrag «Keine Angst vor der Technik»). Denn es lässt sich ja wirklich nur noch schwer ein Job finden, in dem man mit all dem nichts zu tun hat. Alle surfen im Netz, googlen und recherchieren, sind auf LinkedIn, Instagram oder auf Facebook, nutzen Smartphones und Apps und digitalisieren viele ihrer Arbeitsschritte. Aber vor allem die Digitalen Immigranten fühlen sich nicht in jedem Moment wohl dabei. Weil sie sich zuweilen schwer tun mit der schönen neuen digitalen Welt. Weil sie all dem mit einem gesunden Misstrauen begegnen. 

Denn das gesunde Misstrauen ist eben genau das: gesund. Es hilft, sich nicht mit Haut und Haaren den Internetkonzernen auszuliefern ohne jeden Blick auf Datenschutz und Privatsphäre. Man darf, mehr noch: man sollte sich sehr genau überlegen, was man wo und wem im Netz von sich und von seinen Liebsten preisgibt. Wobei ich ausdrücklich erwähnen will, dass es zum Glück auch Digital Natives gibt, die ein gesundes Misstrauen hegen.

Wer beides kennt, hat auch Vorteile

Andererseits kann ich denjenigen helfen, die manches in dieser Welt aus Apps und Social-Media nicht verstehen. Ich kann ihnen Tipps geben, wie sie leicht und sicher durch den Dschungel kommen. Und denjenigen, die die Vorteile einer persönlichen Website nutzen wollen, aber nicht wissen, was dabei zu bedenken ist, kann ich erklären, wo die Nachteile und wo die Vorteile liegen. Als Journalistin habe ich das Erklären im Blut, und als Digital Immigrant weiss ich, wo die Hindernisse liegen, die einem den Zugang zuweilen erschweren.

Ich denke bei diesem Thema gerne an eine Kundin. Sie ist eine der Besten ihres Fachs, surft selbstverständlich im Netz und nützt die Such- und vor allem Findemöglichkeiten, die es ihr bietet. Sie arbeitet auf zwei Bildschirmen gleichzeitig, weil sie so viel und so grundsätzlich im Digitalen unterwegs ist. Aber ihre Lieblingswelt ist die des Buches, weil sie darin aufgewachsen ist. Sie wusste längst, dass ihr eine Website helfen würde, ihr Geschäftsfeld um neue Absatzmöglichkeiten zu erweitern. Aber das Geschnatter auf Facebook, das Gezwitschere auf Twitter und auch das wichtigtuende Geraune auf LinkedIn widerstrebt ihr sehr. 

Vorteile des Internet nutzen und Nachteile kennen

Und so versuchte sie immer wieder, beinahe unterbewusst, würde ich sagen, ihre Webseite wie ein Buch aufzubauen. Sie dachte linear, in Kapiteln und Texten und Fussnoten. Zuweilen sogar in Spalten und Randnotizen. Ich musste ihr, beharrlich, freundlich, aber konsequent, immer wieder klarmachen, dass ein Buch und eine Webseite zwar vieles gemeinsam haben. Aber dass es auch fundamentale und wichtige Unterschiede gibt. Dass Websites nicht besser sind als Bücher, auch nicht schlechter. Sondern einfach anders. (Lesen Sie hier den Blog-Beitrag «Alles ist vernetzt») Diesen Punkt begriff sie schnell, auch wenn es ihr manchmal schwerfiel, sich von dem seit Jahrzehnten bekannten Denken zu lösen. Aber sie vertraute mir, und sie verstand meine Erklärungen. Sie deckten sich auch mit der Erfahrung, die sie selbst bei ihren Reisen durch das Netz der Netze gesammelt hatte.

Am Ende baute ich ihr eine Website. Besser: Wir bauten zusammen eine Website. Immer wieder hat sie mir versichert, wie sehr sie sich mit dem Ergebnis identifizieren kann. Wie sehr die webtypische Verknüpfung der Seiten untereinander ihre Arbeit, ihre Vorgehensweise, ihre Art zu denken wiedergibt. Und wie sehr sie sich heute freut, auf ihrer Website dieses Denken anderen nahezubringen. Heute schickt sie mir ganz selbstverständlich Texte und Veranstaltungshinweise, um ihre Website zu aktualisieren und als Werbemittel zu nutzen. Und kommt sogar mit Vorschlägen, wie man die neuen Seiten verlinken könnte. 

Sie hat, so würde ich wirklich sagen, in der Zusammenarbeit verstanden, wie Websites funktionieren. Es macht riesigen Spass, ihr zuzuschauen, wie sie sich heute selbst darüber freut!

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